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«Kollegen würden heute zum Landhockey gehen»

Rotweiss Wettingen hat mit dem Hallen-Europacup neue Massstäbe gesetzt und wieder einmal aufgezeigt, was den Traditionsverein so einzigartig macht.


Michel Morard, Captain der 1. Mannschaft von Rotweiss Wettingen.


«Viele meiner Kollegen haben gesagt, wenn sie jünger wären, würden sie Landhockey spielen», erklärt Michel Morard und bringt es damit vielleicht am besten auf den Punkt, was Rotweiss Wettingen ausmacht. Er ist heute Captain der ersten Mannschaft und einer der überragenden Spieler.


Rotweiss ist einer der mitgliederstärksten Sportvereine in Wettingen und hat eine der grössten Juniorenabteilungen der Schweiz. Dies ist über Generationen gewachsen. Michel Morard hat genau wie sein Bruder Yves schon mit vier Jahren die ersten Versuche gemacht, mit dem Krummstock den Ball zu stoppen und weiterzuleiten. Bis er 12 war kickte er noch beim FC Wettingen. «Doch dann war es einfach und klar, wofür ich mich entscheide», meint er lächelnd. Natürlich fiel die Wahl auf seine grosse Liebe, das Landhockey. Vielleicht auch durch seinen Vater, der ebenfalls ein guter Spieler beim HC Wettingen war. So wie in der Familie Morard ist es bei vielen in Wettingen: Die Faszination wird übertragen: Peter Fischbach war früher ein langjähriger Spieler und wurde danach Trainer der ersten Mannschaft. Auch seine Frau hat selber gespielt. Mittlerweile spielen gleich drei Jungs der Familie Fischbach auch Landhockey und Max hat es bereits ins Fanionteam geschafft und durfte beim Hallen-Europacup vor heimischem Publikum im Tägi auflaufen. Manuel Keller als Cheftrainer und sein Bruder Philip als Assistent coachten die Mannschaft. Beide liefen früher für Rotweiss und das Nationalteam auf.


Tolle Stimmung am Hallen-Europacup im Tägi in Wettingen.
Tolle Stimmung am Hallen-Europacup im Tägi in Wettingen.

Neue Massstäbe gesetzt

Rekordmeister Rotweiss Wettingen hat schon mehrmals auf der sportlichen Seite und als versierter Organisator von Grossanlässen brilliert. So schafften sie es auch ein Vierländerturnier auf der Bernau zu organisieren, wo Pakistan auflief, einer der absoluten Giganten im internationalen Landhockey. Doch diesmal haben sie sich für den Hallen-Europacup selber übertroffen: Gleich sieben Tonnen Material wurden ins Tägi eingebaut: Ein komplett neuer Boden nur für Hallenhockey wurde verlegt. «Ein Traum darauf spielen zu können», meinten die Akteure unisono. Daneben wurde eine riesige Beleuchtungsanlage an die Decke gehängt und die Beschallung wurde ebenfalls komplett neu eingebaut – nur für die drei Turniertage.


Sowohl finanziell als auch logistisch ein absoluter Kraftakt für einen Verein, der von lauter Amateuren mit Herzblut geleitet wird. Keiner der Spieler oder der Vorstandsmitglieder und Organisatoren wird dafür entschädigt. Dies wurde honoriert, indem das Tägi drei Tage voll war und alle dabei sein wollten. «Das war unvergesslich vor diesem Publikum zu spielen. So etwas hat man nicht oft im Leben, meistens nur einmal in seiner Karriere», freut sich der Captain. Auch sportlich lieferte das Team ab: Sie erreichten den Klassenerhalt souverän und etablierten die Schweiz unter den besten acht Teams des Kontinents.


Europa will von Wettingen lernen

«Es hat alles funktioniert, auch neben dem Platz. Das Essen war super, die Transporte, alles passte», meint Morard und ergänzt anerkennend: «Der Aufwand für das OK musste riesig sein». Tatsächlich hat OK-Präsident Alfred Wälti ein halbes Jahr lang praktisch Vollzeit für diesen Europacup gearbeitet und ein erfahrenes und schlagkräftiges Team um sich gehabt, wie der ehemalige Einwohnerratspräsident Paul Koller, der sich um die Sponsoren kümmerte oder Matthias Hösli von der Firma Megatron, der mit seinem grossen Know-how und dem Equipment das Tägi in ein Schmuckstück verwandelte.


So wurden alle Spiele in einem Livestream übertragen und der Kommentator, der dies seit Jahrzehnten tut, meinte nur überwältigt: «Das war einfach top». Dies sind nur zwei Beispiele von ganz vielen Helfern, welche diesen Anlass unvergesslich machten. Genau das macht es so besonders: «Das Vereinsleben, die familiären Begegnungen, das ist das was Rotweiss ausmacht», beschreibt es Morard. «Der Zusammenhalt ist einmalig. All diese Kinder, welche dabei waren, das war wunderschön. Und dadurch sehen sie hoffentlich wohin sie eines Tages auch hinkommen wollen und bleiben dran», meint Morard, der seit 22 Jahren bei Rotweiss ist, mit einem Lächeln.


Und selbst der europäische Landhockeyverband will von Wettingen lernen und wissen, wie sie das auf die Beine gestellt haben. Zudem waren viele der mitgereisten Fans überrascht, dass das beste Hallenhockeyturnier von Europa im eher kleinen Wettingen stattfindet. Sonst geht dieser Event in grossen Städten in Deutschland oder Belgien über die Bühne.


Nur Herzblut

Er und seine Mitspieler verdienen keinen Franken. Zusammen mit seinem Bruder führt er ein KMU mit rund 50 Mitarbeitern. Beide haben bei der Wettinger Firma Käufeler, auch sie sind dem Hockey seit Generationen eng verbunden, Spengler gelernt. Der heute 28-jährige Yves war damals der Oberstift von seinem jüngeren Bruder. Das lief gut und so führen sie heute gemeinsam ihren eigenen Betrieb. «Manchmal ist es schon hart nach 12 Stunden Arbeit noch ins Training», gibt der jüngere Michel zu. «Doch es tut auch gut, den Kopf zu lüften», freut er sich jeweils auf seine Kollegen. Natürlich zeigt sich das dann im internationalen Vergleich: «Das ist der Unterschied zu den absoluten Topnationen». Der kräftige Modellathlet trainiert drei Mal mit der Mannschaft und geht noch mindestens zwei Mal in den Kraftraum. Aber die Spieler in Deutschland und anderen Ländern haben noch mehr Training und vor allem mehr Zeit für die Regeneration. Diese stand für kurze Zeit nach dem absoluten Highlight mit dem Hallen-Europacup auf dem Programm. Aber bereits anfangs März begann wieder das Training für die Feldsaison und Ende des Monats stehen die ersten Partien auf dem Kunstrasen in der Bernau.


Für Michel Morard ist klar: «Ich würde meine Entscheidung für das Landhockey nie ändern». Und seine Kollegen würden es ihm, nach den Erfahrungen mit dem speziellen Verein Rotweiss, heute gleich tun.


 

«Der Zusammenhalt ist riesig»


Thomas Meier ist seit 2021 Präsident von Rotweiss Wettingen. Selber hat er Fussball gespielt und war danach Schiedsrichter bis in die Nationalliga B.


Wie sind sie zum Landhockey gekommen? «Ich bin in Wettingen geboren und aufgewachsen. Dann kennt man einfach Rotweiss Wettingen. Viele meiner Kollegen waren aktiv und heute spielt meine Tochter. Als Einwohnerrat habe ich mich auch immer für die Bernau eingesetzt.»


Was macht Rotweiss so speziell? «Was wirklich aussergewöhnlich ist, dass es keine Transfers gibt. Beim Europacup war nur ein Spieler dabei, welcher nicht bei Rotweiss ausgebildet wurde. Die Teams werden immer wieder aus den eigenen Reihen gefüllt. Da muss man von unten her stabil und regelmässig arbeiten.


Was sind die grössten Herausforderungen als Präsident von Rotweiss? Natürlich müssen auch wir Leute für die Ämter suchen, aber das ist zum Glück kein grosses Thema. Am Europacup mussten wir fast 300 Helferschichten abdecken. Aber wir haben immer Leute in der Hinterhand und das ist super. Es geht jedoch nicht mehr alles nur ehrenamtlich. Die Spieler werden weiterhin nichts verdienen und sogar für eine Reise an den Europacup einen Betrag zahlen müssen. Aber da muss ein kleines Umdenken stattfinden und im Trainer- und Ausbildungsbereich brauchen wir auch Profis, die angestellt sind bei Rotweiss.


Man hört immer wieder von diesem speziellen Zusammenhalt bei Rotweiss. Ja der ist aussergewöhnlich und gross. Die Identifikation mit dem Ganzen ist da. Die Junioren bildeten beim Europacup einen Fanblock und sind immer da, wenn ihre Idole spielen. Das wollen sie auch erreichen. Der Zusammenhalt ist riesig und geht zum Teil schon über Generationen.


Über Rotweiss Wettingen Rotweiss Wettingen wurde 1928 in Baden gegründet und 1956 in HC Rotweiss Wettingen umbenannt.


Mitglieder

300 davon 170 Juniorinnen und Junioren

Teams

4 x Herren / 2 x Damen / 8 x Nachwuchs

Schweizermeister Feld

35 x Herren / 21 x Damen

Schweizermeister Halle

29 x Herren / 23 x Damen


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