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Ortsbürgergemeinde – für Wald, Natur und Kultur

Die Ortsbürgergemeinde - ein Begriff, der wohl bekannt ist. Doch was heisst es genau, Ortsbürgerin bzw. Ortsbürger von Wettingen zu sein? Es bedingt ein wenig mehr, als lediglich das Bürgerrecht Wettingen zu tragen. Die Ortsbürgergemeinde ist eine eigene Gemeinschaft - eine eigene Gemeinde innerhalb der Gemeinde - die sich neben der Bewirtschaftung des Waldes auch um die hiesige Natur- und Kulturszene kümmert. Ein Einblick.


Text: Julie Böckli und Sandra Thut Bilder: Gemeinde Wettingen


Das Forsthaus Muntel wird gerne für Feste gemietet.


Ein Blick ins kantonale Ortsbürgergemeindegesetz zeigt: Die Ortsbürgergemeinde ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, bestehend aus Personen, die im Besitz des Ortsbürgerrechts sind und im entsprechenden Gebiet der Einwohnergemeinde wohnen. In erster Linie haben sie die Aufgabe, ihr Vermögen (Grundstücke, Stiftungen, Kapitalien usw.) zu erhalten und gut zu verwalten. Daneben kümmern sie sich um die Förderung des kulturellen Lebens, unterstützen kulturelle und soziale Werke, helfen bei der Erfüllung von Aufgaben der Einwohnergemeinde mit und erfüllen Aufgaben, die sie sich selbst stellen.


Das alles klingt sehr theoretisch. Praktisch gesehen, ist eine Ortsbürgergemeinde eine eigene Gemeinde innerhalb einer Gemeinde. Eine eigene Gemeinschaft, die sich um ein eigenes Budget und um eine eigene Rechnung kümmert, die sich eigene Aufgaben gibt, die sie wahrnehmen muss und sich um eigene Geschäfte kümmert. Zur Ortsbürgergemeinde zählen alle Einwohnerinnen und Einwohner, die das Wettinger Ortsbürgerrecht besitzen – Ende 2023 waren dies 753 Personen. Die meisten dieser Personen besitzen typische Namen von Ortsbürgern wie Benz, Bürgler, Egloff, Käufeler oder Steimer. Historisch betrachtet gehen die Ortsbürgergemeinden auf die Zeit der Helvetischen Republik (1798 -1803) zurück, als neben den Einwohnergemeinden auch Bürger- oder Ortsbürgergemeinden geschaffen wurden, die die alteingesessenen Bürger zusammenfassten. Nicht in jeder Gemeinde gibt es auch eine Ortsbürgergemeinde. Schweizweit existieren aktuell in vierzehn Kantonen Bürgergemeinden. Im Kanton Aargau gibt es neben der Ortsbürgergemeinde Wettingen noch 186 weitere Ortsbürgergemeinden.


Die Ortsbürgergemeinde Wettingen ist Eigentümerin von rund 275 Hektaren Wald, welche durch den Forstbetrieb Wettingen und Umgebung bewirtschaftet werden. Das aus der Ortsbürgergemeindebesitz stammende Holz wird als Stamm oder Energieholz vermarktet und verkauft. Die Verkaufsleitplanke setzt dabei der Betriebsplan, der jeweils nach 15 Jahren überarbeitet wird. Dieser stellt eine nachhaltige Nutzung des Waldes sicher, sodass dieser seine Funktionen (Schutz, Nutzung, Wohlfahrt, Lebensraum für freilebende Tiere) jederzeit erfüllen kann. 79 Hektaren dienen als Naturwaldreservat, wo alle natürlichen Prozesse in der Entwicklung eines Waldes stattfinden können. Die Bäume bleiben bis zum natürlichen Absterben stehen und werden bis zur Verrottung liegen gelassen. Das bietet Lebensraum für viele seltene Pflanzen und Tiere, die auf alle Lebensphasen des Waldes angewiesen sind.


Den Wettinger Ortsbürgerinnen und Ortsbürgern gehört aber nicht nur eine beträchtliche Menge Wald, sondern auch das Forsthaus Muntel und das Schloss Schartenfels sowie der Eigihof zählen zu ihrem Besitz. Das Forsthaus wird gerne genutzt und gemietet und bietet eine schöne Atmosphäre inmitten des Eigitälis. Das prominenteste Aushängeschild der Ortsbürgergemeinde ist mit Sicherheit das Restaurant Schloss Schartenfels. Seit dem Kauf 1978 bietet das Restaurant neben kulinarischem Genuss auf hohem Niveau auch erfrischende Einkehr für Wanderinnen und Wanderer in der lauschigen Gartenwirtschaft mit einem grandiosen Blick über das Limmattal. Seit Ende Oktober 2023 können neu sogar vor Ort Ziviltrauungen im Rittersaal oder in der Traustube durchgeführt werden.


Auch kulturell sind die Fussspuren der Ortsbürgergemeinde Wettingen sichtbar. Sie hat sich zur Aufgabe gemacht, lokale Veranstaltungen und Projekte zu fördern. Sie entrichtet viele kulturelle Beiträge an Konzerte, Jubiläen oder sportliche Veranstaltungen und fördert somit das öffentliche Leben in Wettingen und das der ganzen Region. Oder haben Sie gewusst, dass es ohne die Ortsbürgergemeinde kein Sportzentrum Tägerhard gäbe? Das ganze Areal wurde anfangs der 1970er-Jahre auf Grundstücken der Ortsbürgergemeinde – im Baurecht durch die Einwohnergemeinde – erstellt. Aber auch für das eigene Wohl ist gesorgt, denn seit Jahren findet jährlich der Seniorenausflug für Ortsbürgerinnen und Ortsbürger statt.


Die Ortsbürgergemeindeversammlungen werden zweimal jährlich abgehalten. Diese werden durch den Gemeindeammann geleitet. Die Ortsbürgerkommission kümmert sich um die Belange der Ortsbürgergemeinde und kann Anträge zu Handen des Gemeinderats stellen. Die Mitglieder der Ortsbürgerkommission sind: Martin Egloff (Präsident), René Bosshard (Vizepräsident), Heidi Huser, Fränzi Widmer, Beat Huser und Peter Steimer. Die ortsbürgerliche Finanzkommission bilden Josef Meier, Thomas Meier und Judith Bachmann.


Ortsbürgerin oder Ortsbürger kann man nur durch Geburt oder durch eine Einbürgerung werden. Die Aufnahme in das Ortsbürgerrecht setzt den Besitz des Bürgerrechts der Gemeinde Wettingen, den Wohnsitz in Wettingen sowie eine besondere Verbundenheit zur Ortsbürgergemeinde voraus. Weitere Informationen zur Einbürgerung sind auf der Webseite der Gemeinde Wettingen auffindbar.


Das Restaurant Schartenfels ist das prominenteste Aushängeschild der Ortsbürgergemeinde Wettingen.

 
 
 

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